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Light Talker

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Annikas Kommunikation setzt sich aus vielen Komponenten (Gestik, Mimik, persönliche Gebärden, Symbole, Fotos) zusammen. Seit 2005 benutzt sie zusätzlich den Step-by-Step (SbS). Der SbS wird jeden Tag in Form eines Plauderplans* neu besprochen und gibt die für Annika bedeutsamen Situationen wieder. Mit dem SbS kann Annika demnach zu Hause von ihren Erlebnissen in der TaFö und in der Einrichtung von daheim erzählen. Die sprachlich beschriebenen Situationen im Plauderplan finden außerdem im Kommunikationstagebuch mit Symbolen, Zeichnungen und/oder Fotos eine bleibende Darstellung.
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Der GoTalk wurde, als Annika noch zur Schule ging, hauptsächlich für die Frühstücksituation und im Unterricht eingesetzt. Zu Hause hat sie damit Filme ausgesucht oder Nachmittagsaktivitäten bestimmt. Am Anfang waren nicht alle Felder des GoTalk mit Symbolen oder Fotos besetzt, aber innerhalb eines Jahres füllten sich die neun Felder und die Kapazität des GoTalks war schnell erschöpft. Zu Hause wechselte ich ständig die Deckblätter, um Annika entweder eine Auswahl zu ermöglichen oder um ihr etwas mitzuteilen (z.B. dass wir gleich zu Charly, Annikas Pflegehund, fahren wollten), der GoTalk wurde zu unflexibel und ließ keine Spontaneität zu.
Die einzelnen Deckblätter des GoTalk dienten mir 2007 als Muster für ein Buch mit Kommunikationstafeln. Annika konnte nun endlich selbstständig die Seiten umblättern und auf Symbole und Fotos zeigen.
Die Kommunikation zwischen uns wurde wieder flüssiger und sie lernte mehr neue Symbole kennen. Der Nachteil von Kommunikationstafeln ist aber, dass nur ein begrenzter, auf Themen reduzierter Wortschatz zur Verfügung steht. Themen bzw. Inhaltswörter sind meist gut bildproduzierende, d.h., sie lassen sich gut symbolisch darstellen. Weniger bildproduzierende Wörter fehlen häufig, obwohl sie für die Kommunikation sehr wichtig sind. Eine weitere Entwicklung der Kommunikation sowie die Kombination mit Symbolen und Fotos konnte so nicht gefördert werden, ein Stillstand wäre die Folge gewesen.
Da traf es sich gut, dass Angela Hallbauer 2009 im Elternkreis Unterstützte Kommunikation, der vom Landesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen Schleswig-Holstein e.V. angeboten wird, das Kern- und Randvokabular vorstellte. Frau Hallbauer erklärte, dass in einem Forschungsprojekt der Universität zu Köln Wortschätze von Kindern mit einer körperlichen Behinderung und nichtbehinderte Kinder im Alter von 3 -7 Jahren miteinander verglichen wurden. Als Ergebnis dieser Wortschatzanalyse wurde festgestellt, dass es keine wesentlichen Unterschiede in der Rangfolge der 100, am häufigsten verwendeten Wörter gibt, unabhängig ob ein Kind körperbehindert ist oder nicht. Ergänzende Untersuchungen haben außerdem ergeben,dass dies auch für Kinder mit einer geistigen Behinderung gilt. Es gibt also einen gemeinsamen Wortschatz von 100 Wörtern, den alle Kinder benutzen, egal ob sie eine Behinderung haben oder nicht. In jeder Sprache gibt es eine Art universellen gemeinsamen Wortschatz von ca. 200 - 300 Wörtern, der ca. 80% der gesprochenen Sprache ausmacht und deshalb als Kernvokabular (Core Vocabulary) bezeichnet wird.
Das Kernvokabular besteht vorranig aus kleinen Wörtern, die situationsunabhängig benutzt werden, z.B. ich, du, auch, wollen, auf, unter, können, nicht usw. Die Kombinations- und Ausdrucksmöglichkeiten mit kleinen Wörtern sind vielfältig und geben Sätzen ganz unterschiedliche Bedeutungen. das Randvokabular besteht hauptsächlich aus themenspezifischen Inhaltswörtern, sie geben den Inhalt eines Gesprächs vor. Frau Hallbauer stellte die komplexe Kölner Kommunikationstafel von Boenisch/Sachse** vor und eine weitere von Gail van Tatenhove***. Auf beiden Tafeln ist der Wortschatz den einzelnen Wortarten zugeordnet und entweder farbig umrandet oder hinterlegt. Die farbige Kodierung der einzelnen Wortarten soll dem Nutzer das Finden der verschiedenen Wörter erleichtern. Die Anordnung der verschiedenen Symbole von rechts nach links soll die Struktur des Satzaufbaus deutlich machen (Subjekt-Prädikat-Objekt). Das war es, wonach ich gesucht hatte. Zuhause habe ich für Annika beide Tafeln als Muster für ein neues Kommunikationsbuch benutzt,wobei ich die farbige Kodierung der Tafel von Frau van Tatenhove als Vorbild genommen habe. Ich ordnete das Kernvokabular von links nach rechts - auf der linken Ordnerinnenseite finden sich Pronomen, Personen (gelb hinterlegt), auf der rechten Seite Verben (grün hinterlegt) und Interaktionen (lila), oben rechts Zeiten (von mir nicht farbig hinterlegt), auf der unteren Ordnerseite von links nach rechts Adjektive (blau). In der Mitte wurde das Randvokabular untergebracht.
Mit Hilfe des neuen Kommunikationsbuches übten Annika und ich nun gemeinsam die Kombination von mehreren Symbolen miteinander. Sie sah mir entweder zu, wie ich von links nach rechts mit dem Finger auf die jeweiligen Symbole/Fotos tippte und kommentierte oder ich führte ihren Zeigefinger auf die jeweiligen Symbole/Fotos und kommentierte. Daraus entwickelten sich nun "fast" ganze Sätze, Fragen konnten gestellt werden oder es ist zu Diskussionen gekommen, was als nächstes geschehen sollte. Wenn Annika mir spontan etwas mitteilen wollte, hat sie meist das Randvokabular benutzt und dort auf die einzelnen Symbole/Fotos gezeigt, nur hin und wieder kombinierte sie tatsächlich z.B. "Ich möchte" mit einem Symbol/Foto aus dem Randvokabular. Das zeigte mir aber, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden und darüber war ich sehr erfreut. Ich stellte 2010 den Antrag für einen Light Talker bei der Krankenkasse und nach einem Telefonat mit dem zuständigen Sachbearbeiter, wurde uns zunächst leihweise für ein halbes Jahr ein Light Talker zur Verfügung gestellt. Mittlerweile benutzen wir den Light Talker schon ein Jahr.





Der Light Talker wurde mit der Quasselkiste 15+4 ausgeliefert, mit der Erweiterungsoption auf 32+4. Die Quasselkiste 15+4 enthält einen Grundwortschatz aus Verben, Adjektiven, kleinen Wörtern, Hauptwörtern und ca. 20 Sätze und Phrasen. Annika konnte mit dieser Voreinstellung und den ihr fremden Symbolen auf dem Display nichts anfangen, sie sah sich das Gerät nur kurz an und gab es mir gleich wieder.

So habe ich für Annika den Light Talker neu programmieren müssen, dabei waren mir die gemachten Erfahrungen mit dem Kommunikationsbuch ein gutes Beispiel. Die Seiten wurden mit Metacom-Symbolen **** und Fotos eingerichtet. Sie bestehen z.Zt. hauptsächlich aus dem Randvokabular und nur wenig Kernvokabular, ich wollte Annika damit einen leichten Einstieg ermöglichen. Nach einer Woche hatte ich die einzelnen Seiten auf dem Talker soweit strukturiert, dass sie ihn endlich selbst nutzen konnte. Ich war sehr gespannt auf ihre Reaktion, aber für sie war es ganz natürlich, darauf "herum" zu drücken und auszuprobieren.

Annika kam sehr gut mit dem Aufbau der Seiten zurecht und wusste bald, welche Symbole sie auszulösen hatte, um auf die von ihr gewünschte Seite zu gelangen. Ich habe für Annika einen weiteren Anreiz geschaffen, den Talker gerne und selbstständig zu nutzen, indem ich ihr Hörgeschichten und Musikseiten eingerichtet habe. Diese müssen allerdings erst alle ins MP3-Format umgewandelt werden, um sie anschließend auf einer SD-Karte zu speichern. Erst dann können sie mit den einzeln eingerichteten Seiten auf dem Talker verknüpft werden.


Im Moment hört sich Annika gerne und oft die Hörgeschichte von "Pippi außer Rand und Band" an.
Nach einem Jahr der Talkernutzung mache ich mir Gedanken, wie ich Annikas Wortschatz auf das Kernvokabular erweitern kann und sie die Bedeutung der kleinen Wörter verstehen lernt. Da trifft es sich gut, dass Lernen ein lebenslanger Prozess ist, der vor mir und Annika nicht Halt macht ;-) .


* www.prentke-romich.de - Service/ Faltblätter/ Plauderpläne
** www.fbz-uk.uni-koeln.de - Forschungsprojekte/ Kernvokabular in der Unterstützten Kommunikation
*** Wörtertafel Gail van Tatenhove (als PDF-Datei in Suchmaschinen zu finden) oder hier als PDF zum Ausdruck
**** www.metacom-symbole.de

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