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Ein Kommunikationstagebuch führe ich seit dem Jahr 2002. Annikas damalige Klassenlehrerin schickte mir einen Auszug aus der Zeitschrift Minfo von Prenkte/Romich mit. Dort wurde sehr treffend beschrieben, warum das Führen von einem Tagebuch so wichtig für einen kaum/nicht sprechenden Menschen ist. Diesen Artikel können Sie weiter unten lesen (Soll ich dir mal was erzählen? Gedanken über das Führen von Tagebüchern).

Auf einem Elternabend sprachen wir über das Führen eines Kommunikationstagebuchs. Bislang wurde über ein Mitteilungsheft die Verbindung zwischen Schule und Elternhaus gehalten. Im Mitteilungsheft wurde über das Kind/dem Schüler geschrieben und zum Teil pflegerische Aspekte ("war heute noch nicht auf Toilette") mitgeteilt. Es wurde auch nicht täglich eingeschrieben, sondern nur wenn etwas "mitzuteilen" war. Es fand ein Austausch unter Erwachsenen statt.
Im Kommunikationstagebuch sollten die, für den Schüler, bedeutsamen Erlebnisse des Tages in der Ich-Form eingeschrieben werden. Der Schüler soll, soweit es ihm möglich ist, zusammen mit der Bezugsperson das Tagebuch mitgestalten. So muss in der Schule, wie auch Zuhause, eine feste Zeit für die Eintragungen eingeplant werden. Das Führen eines Kommunikationstagebuchs schließt den sprechenden Schüler nicht aus. Er teilt der Bezugsperson mündlich mit, welche Geschehnisse des Tages eingetragen werden sollen (und muss sich somit denTag noch einmal ins Gedächtnis rufen).
Im Laufe der Jahre habe ich viel Kreativität bei den Eintragungen entwickelt. Es wurden Bildsymbole und Verpackungen von Essenswaren, Eintrittskarten, Belege vom Einkauf, Postkarten und Zeitungsartikel eingeklebt, getrockente Erbsen, Linsen oder Reis befestigt. Kreative Skizzen und Zeichnungen, später die digitale Fotografie, ließen das Tagebuch immer lebendiger werden.


Vorlagen für Tagebuchblätter können Sie sich hier downloaden
oder
auf www.metacom-symbole.de - Downloads - Materialien


Neu seit 2016! Wochtentagssymbole mit Motiven die zu der Geschichte der Raupe Nimmersatt passen (am Montag frisst die Raupe einen Apfel, am Dienstag eine Birne usw.):

und Wochentagssymbole mit den Anfangsbuchstaben und Merkbildern:


Desweitern gibt es die Wochentagssymbole auch in verschiedenen, gebräuchlichen Farbzusammenstellungen als freien Download bei www.metacom-symbole.de - Downloads - Materialien

Soll ich dir mal was erzählen?
Gedanken über das Führen von Tagebüchern.

Ein Interview aus dem Spiegel 2/02 mit Bernhard Schlink, Autor des Buches „Der Vorleser“, lässt mich nicht mehr in Ruhe. Das Interview trägt den Titel: „Lesen muss man trainieren“ und beschäftigt sich in Reaktion auf die Pisastudie mit unserem bundesdeutschen Lesen und Schreiben.
Schlink setzt sich mit unserer Lesekultur auseinander und den Angeboten, die wir den Lernenden machen, Schriftsprache zu erwerben und Spaß am Lesen und der Auseinandersetzung mit Texten zu bekommen.
Zur Information: Im Bereich der Lesekompetenz – in der Pisastudie „reading literacy“ genannt – belegt Deutschland lediglich einen Rang im unteren Drittel. Was mich an diesem Interview hat aufhorchen lassen, war vor allem folgende Aussage von Schlink:
„Es gibt eine Theorie zum Analphabetismus, die besagt, dass die eigene Lebensgeschichte von Analphabeten viel schwieriger erinnert wird als von Menschen, die lesen und schreiben können. Wer das Vergangene nicht im Umgang mit Texten präsent halten kann, wird zu einer geschichtslosen Existenz“.
Ich übertrage dieses Zitat auf unser Klientel: „ Die eigene Lebensgeschichte wird von Nichtsprechenden viel schwieriger erinnert als von Menschen, die sprechen können. Wer das Vergangene nicht im Umgang mit Sprache präsent halten kann, wird zu einer geschichtslosen Existenz“.
Ein Kind hat keine Biographie, wenn es nicht erzählen kann, was es erlebt hat. Das Erzählen von etwas, was bereits geschehen ist, muss eine enorme Auswirkung auf ein Kind haben. Es entwickelt sich zu einem eigenständigen Gesprächspartner, es speichert das eigene Erlebte auch über die Wiederholung sorgfältiger ab, es entwickelt ein Interesse an dem, was geschehen ist und an dem, was noch geschehen wird.
Ein Tagebuch kann von den Eltern so gestaltet werden, dass aus und mit ihm erzählt werden kann. Es kann mit Fotos, Symbolen, Abbildungen, Zeichnungen ergänzt werden, was auch immer für die Geschichte von Bedeutung ist. Ein  solches Tagebuch bietet Erzählanlässe, darf Spaß machen, kann ergänzt werden um neue Geschichten – möglichst aus der Sicht des Kindes. Es muss nicht jeden Tag geschrieben werden. Aber ein Foto von den Giraffen im Zoo, von denen das Kind nicht wegzulocken war und die Eintrittskarte sollte man schon dem Text hinzufügen. Erzählanlässe zu schaffen ist eine äußerst erfolgreiche Methode, mit dem Kind Wortschatzaufbau zu betreiben. In dem angenehmen erleben, einen Dialog zu führen, erfährt das Kind zudem Interesse an seiner Person und an seiner Geschichte. Das Kind erlebt, dass es etwas mitzuteilen hat und dass es schön ist, dies mit einer anderen Person gemeinsam zu tun.
Je mehr Vergangenheit dem Kind und dem Gesprächspartner zur Verfügung steht, desto intensiver findet dieser Austausch statt. Mit einem Tagebuch erhält das Kind eine erzählbare Vergangenheit und wird zu einer Person mit einer lebendigen Biographie. Hier findet eine Auseinandersetzung statt, die in der normalen Entwicklung aus sich heraus entsteht. Kinder erzählen von dem, was sie erleben. Wenn sie nicht sprechen können, brauchen sie eine Hilfe, mit der sie lernen, etwas zu erzählen. Dieses Angebot „etwas erzählen zu können“, zieht sich durch alle Formen von Kommunikationshilfen, seien es Tafeln mit Fotos, Erzählungen mit dem BIGmack, Texte im Mitteilungsheft, eine geeignete Auswahl von Wörtern in Sprachausgabegeräten, Gebärden oder Augenzwinkern. Ein Tagebuch, das genussvoll zum „miteinander erzählen“ benutzt werden kann, wird dem natürlichen Bedürfnis eines Kindes gerecht, sich auszutauschen und ermöglicht den Eltern den genauso genussvollen Kontakt mit ihrem Kind.

Diese Info können Sie hier ausdrucken.

 
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